Friday, November 23, 2007

Fabrizio Cassol zu Susanne Linke & Alain Platel3: "Hoffnung liegt im Mysterium, warum wir leben"


Fabrizio Cassol (photo © Elfi Oberhuber)


Wie aus Häßlichkeit Schönheit wird, und wie Spiritualität als Religionsersatz das Leben verbessert, wo natürlicher Sex nicht fehlen darf - darum geht es im dritten Teil des Gesprächs von ELFI OBERHUBER mit den Tanz- und Musikkünstlern ALAIN PLATEL, FABRIZIO CASSOL und SUSANNE LINKE. Für Einführung und Teile 1, 2 scroll down!

Kurzprofil FABRIZIO CASSOL ist am 8.6.1964 in Ougrée/Belgien geboren (Sternbild Zwillinge). Schon während des kammermusikalischen Studiums mit Improvisation und Komposition am Konservatorium in Liège, wandte sich der frühausgezeichnete Saxophonist dem Jazz zu, was er bei Steve Coleman, Evan Parker und Joe Lovano intensivierte. Nach einer Reise in den afrikanischen Busch zum Stamm Aka pygmies gründete er 1992 mit Bassist Stéphane Galland und Schlagzeuger Michel Hatzigeorgiou Aka Moon, bis heute Cassols Hauptband im Bereich Jazz, Rock, Weltmusik und Avantgarde (einschließlich Elektronik). Daneben werkt(e) Cassol in acht Bands, darunter seit 2004 auch bei DJ Grazzhoppa's DJ Big Band (Hörprobe), wo er als Solo-Saxofonist zu 12 Computer-DJ´s live spielt. Doch auch mit Aka Moon (www.akamoon.com) erkundet Cassol neue Wege: die afrikanische Inspiration erweiterte sich zur Indischen, Kubanischen, zum Tanz (etwa für Rosas als Residence-Musiker an der Brüsseler La Monnaie/De Munt), zum Theater (KVS: Royal Flemish Theatre) und zur Oper (Luc Bondys und Philippe Boesmans Oper Wintermärchen - Hörprobe). Für V.S.P.R.S. von Alain Platels Les Ballets C. de la B., bearbeitete Cassol Monteverdis Barockoper Vespers (Hörproben), live gespielt mit dem barocken Oltremontano & Aka Moon sowie Jazz-SolistInnen (u.a. Tcha Limberger - Flöte/Geige). Die CD ist für den Belgischen Klara Musikpreis 2007 als beste CD des Jahres nominiert, der Sieger wird am 1. Dezember 2007 verkündet. Zuletzt erschien von Aka Moon die 19. CD Amazir (Hörprobe). Cassol unterrichtet an Musikuniversitäten (Etterbeek Musikakademie), erfand 2001 mit dem Instrumentenbauer François Louis das zweistimmige Sopransaxofon Aluchrome, nachdem er 1998 mit dem Belgischen Goldenen Django zum besten französischsprachigen Künstler gekürt worden ist.


Von der häßlichen Deformierung zu filigraner Schönheit

intimacy-art: Wie läßt sich etwas Häßliches wie "Deformierung" - was vom Leben als "angekränkelt" weg und hin zum Tod zu führen scheint - in etwas Schönes verwandeln?
SUSANNE LINKE: Die Kunst des Tanzes liegt an sich in der Klarheit, nicht im Tanz selbst. Die Idee dahinter muß klar sein. Dadurch tritt erst die Schönheit zutage. Sie passiert als fragiler Moment, wenn es auf der Bühne zu transzendentaler Spiritualität kommt. Spiritualität und Klarheit des Gedankens hängen zusammen. Häßliche Stellungen und Haltungen sucht man dabei nicht bewußt. Sie entstehen durch das innere Gefühl für ein Thema. Sollte sie ein Außenstehender, abgeleitet von "der üblichen Pose", nicht als "schön" bezeichnen, so kann dieser sie doch als schön empfinden, wenn sie technisch perfekt ausgeführt wird.
intimacy-art: Sie gelten diesbezüglich als Phrasierungskünstlerin, die jede Geste zur Gänze ausführt. Das soll Ihre auratische Schönheit ausmachen.
LINKE: Wahrscheinlich, ja. Es ist eine Technik des Körpers. Und ich praktiziere sie mehr denn je.
ALAIN PLATEL: Vielleicht stimmt das mit der Purifikation, der Reduktion auf Klarheit, ja, ... (überlegt) ... eigentlich weiß ich es aber nicht.
FABRIZIO CASSOL: Ich denke, Alain schafft den Akt der Purifikation, indem er mit größerer Aufmerksamkeit gegenüber den Leuten arbeitet als sonst jemand, gegenüber dessen, "wer sie sind, was sie fühlen".
intimacy-art: In der Aka-Moon-V.S.P.R.S.-CD habe ich aber auch bei Ihnen wunderschöne, pure Musik-Momente gefunden.
CASSOL: Hmm ...
PLATEL: Glücklicherweise ist sich Fabrizio dessen nicht bewußt. - Sagen Sie es ihm nicht!
CASSOL: Eines weiß ich aber: in Musik und Tanz verläuft das mit der Schönheit unterschiedlich. Geht man davon aus, dass die Schönheit an Harmonie gebunden ist, dann entspricht die Harmonie der Balance von Spannungen. Fordert Alain eine Tänzerin auf, mit ihrem Körper etwas zu repräsentieren, das in ihr arbeitet, ist das aber ein völlig anderer Prozeß als in der Musik. Das zeigt sich am Ende, indem wir innerhalb des eingespielten Teams nicht einfach einen Musiker austauschen können. Bei Alain drücken sich die Tänzer stets durch sich selbst aus, oder er bringt sie dazu, alles von gegensätzlicher Seite aus zu betrachten - das finde ich wiederum spirituell.
PLATEL: Meine größte Schwierigkeit bei dieser Frage ist, dass ich eigentlich nur sehr wenige Dinge häßlich finde. Also so, dass ich "wäääähhhh" schreie. Mir graust, wenn jemand während einer Operation einen Körper aufschneidet. Andererseits ist es fesselnd zu abstrahieren, wie wohl das Material unter der Körperöffnung ausschauen mag. Wenn Leute von häßlichen und schönen Bewegungen sprechen, frage ich mich stets, was sie damit meinen. Trotz Wissens, dass manche Bewegungen als häßlich angenommen werden, weil sie das Gegenteil eines gefällten Klassifizierungsurteils von "schön" sind. Um jene fürs Publikum akzeptabler zu machen, mußt du es dazu bringen, anders darauf zu schauen. Wahrscheinlich durch Beifügung anderer Spannungen. Musik kann sehr zur Akzeptanz beitragen, besonders Fabrizios "Barockmusik". Einige Bewegungen der Tänzer würden mit anderer Musik vielleicht als häßlich empfunden werden. Selbst wenn es mancher sicher auch so noch für "extrem" hält.
intimacy-art: Sie haben auch den Ruf, geschmackvoll zu arrangieren, selbst wenn die Leute auf der Bühne emotionale Grenzen überschreiten.
PLATEL: Ich würde sie nie darum bitten, etwas sehr Irres oder Extremes zu machen. Meist werde ich davon inspiriert, was sie mir vorschlagen. Das akzentuiere ich dann mit Vorschlägen. Ich weiß aber, dass bisher in jeder Produktion in jedem von uns etwas geschehen ist, wo wir unsere Grenzen jeweils ein wenig mehr überschritten haben. Doch selbst wenn manches momentan schmerzvoll oder schwierig war, war es in Summe letzenendes nicht schlecht, weder psychisch noch physisch. Das erfahren wir bei jedem Auftritt als wachsender Prozeß...
CASSOL: Ich mag an Alain, dass er im Bereich der Harmonie, der Balance an Spannungen, am weitesten geht.
PLATEL: ... Ich achte aber sehr darauf, dass sich die Akteure nicht aus reinem Selbstzweck oder bis zur Selbstverletzung verausgaben. Das möchte ich keinesfalls, weder auf der Bühne sehen, noch Teil davon sein. Dass Leute ihre Grenzen überschreiten, macht mir dagegen keine Probleme. Musiker tun das auch, indem sie Dinge auf der Bühne machen, die sie zuvor nie machten. Und auch sie sind dabei nicht unglücklich.
CASSOL: Wenn normalerweise Tänzer springen, kommen sie danach wieder zurück auf die Erde. - Wenn Musiker springen, kommen sie danach nicht zurück. Du kannst als Musiker springen, springen, springen, immer weiter... Du stehst zwar mit deinem Körper da, innen drin kannst du aber immer weiter abtriften. Sehr weit. Wenn Musik auf Tanz trifft, ist das das erste große Problem. Nur bei Alain ist es anders: Seine Tänzer kommen nicht auf die Erde zurück. Er hat die Fähigkeit, alles in ständiger Spannung zu halten. Und das ist dann echt inspirierend für die Musiker, selbst wenn es ein nie fertiger, täglich neuer Knochenjob ist. Auch, weil er in der langsamen Bewegung arbeitet, in Details. Das erhöht die Spannung noch. Andere - wie oft im Ballett - springen, springen, wie verrückt, zum oberflächlichen Staunen der Zuschauer. Echtes Staunen wie bei Alain ist dagegen rar.

Susanne Linke (photo © Elfi Oberhuber)


Neues Wort für eine undogmatische Völkerreligion

intimacy-art: Sie bezeichnen Monteverdis Musik als dogmatisch besetzt: Indem die Religion am Ende der Sinn des Stücks ist. Sie dagegen bringen Spiritualität in den Weg und die Art des Erzählens...
PLATEL: Ich mag sehr, wie Sie das erklären: nicht als Ziel die Religion zu haben, sondern auf dem Weg...
CASSOL: Ich bevorzuge die Spiritualität der Menschheit gegenüber der Religion. Zu Monteverdis Zeiten wurden Menschen ohne Wahl ihres ureigenen Glaubens geboren, sie waren automatisch katholisch, selbst wenn sich schon in dieser Periode ein komplexerer Christenkult abzeichnete, angefangen vom Protestantismus. Das steckt auch schon im originalen Vespers. Ob Monteverdi selbst eine Wahl bezüglich seines Glaubens hatte, weiß ich nicht, doch war Mozart zumindest schon freier als Bach. Und sobald Menschen freie Wahl im Glauben haben, öffnen sich für sie weitere Türen. Umgekehrt wird ein Dogma heute als viel härter empfunden als in Monteverdis Zeiten. Selbst wenn man früher praktisch tot war, wenn man anders als die Gemeinschaft glaubte.
intimacy-art: Wie brachten Sie die erdige Spiritualität konkret in die Musik? Ist es der Jazz, die ethnische Art, wie Sie damit umgehen?
CASSOL: Das Ethnische bezog sich zunächst auf die Lebensrealität der Tänzer, wo einer aus Brasilien kommt, der andere aus Argentinien, einer von Neuseeland, von Korea, von Vietnam, aus Frankreich, usw.. Anfangs arbeiteten sie zur originalen Monteverdi-Version, sodass ich nach einer Weile wußte: es muß ein anderer Sound her, der wirklich zu den Tänzern paßt. Sonst wäre es für mich wie eine koloniale Konvertierung gewesen, diese Leute aus aller Welt in einen gleichen, westlichen Sound zu stecken. Daher die Notwendigkeit, diese Musik ethnisch zu transformieren, wobei ich auch jede einzelne Textphrase entdogmatisierend umschrieb.
intimacy-art: Können wir also sagen, dass diese Musik für eine übergreifende Religion steht, wo alle Religionen in Frieden zusammen finden?
CASSOL: Nein, ich hoffe, es kommt nicht als eine Religion daher. Wobei sich das Paradoxon ergab: Je mehr ich Musik und Text entdogmatisierte, desto mehr wollte ich von den Sängern verstehen können, worüber sie sprachen, selbst wenn es Latein ist. Dabei sollten sie zur anfänglichen Idee des Textes zurück finden...
intimacy-art: Gibt es also noch eine Religion in der Neufassung V.S.P.R.S., oder nicht?
CASSOL: Es ist wie in der Malerei. Wir hatten die erste, die zweite, die dritte Periode, und jetzt sind wir auf dem Weg zur vierten Periode. Die Musik Monteverdis wurde zu religiösen Diensten geschrieben, was ich in der ersten Periode ablehnte. Nun, in der vierten Periode, kommen wir mit jedem kleinen Detail von Alains Tanzqualität zurück zu den religiösen Diensten, nur nicht im katholischen, muslimischen oder hinduistischen Sinn: sondern auf eine neue Art. Und ich denke: In diesem Stadium sollten wir ein neues Wort für den "religiösen Dienst" erfinden, um all den negativen Konnotationen zu entgehen ...


Ekstase im Leben, Nichts nach dem Tod - oder doch noch was ...

intimacy-art: Spielen in dieser neuen "Spiritualreligion" Ekstase und Sexualität eine Rolle?
PLATEL: Wir haben bald entdeckt, dass das in diesem Kontext mitspielen muss, und zwar auf natürliche Weise. Viele Leute interpretieren manche Zeichen der Performance als sehr sexuell, sodass wir im Zusammenhang mit Gebet und Religion einen Clash erhalten. So empfinden es manche - allerdings eher von außen als von innen. Eine Szene wird von der Presse mit "kollektiver Masturbation" benannt, die wir "gemeinsames Zittern" nannten. Selbst wenn jeder wußte, dass die Haltung dabei der Selbstbefriedung entlehnt ist. Es steht aber für mehr als das.
intimacy-art: Für einen höheren, verbindenden Geist der Gemeinschaft?
PLATEL: Ja. Ansonsten gibt es Momente, die ausdrücklich sexuell sind. Doch würde man sie stoppen, wären sie schwindend kurz. Nur in den Augen des Betrachters werden sie riesengroß.
intimacy-art: Liegt in diesen Momenten aus genau diesem Grund der Sinn des Lebens? In den herausfordernden Erregungskicks und der gemeinsamen Entspannung danach?
PLATEL (nickt): Prinzipiell glaube ich, jeder Mensch sucht in seinem Leben Beweise für die Tatsache, dass er lebt. Die kannst du dir schaffen, indem du etwas kreierst, Frauen können als glücklich Bevorzugte Kinder gebären. Jeder sucht etwas, womit er seine Unterschrift hinterlassen kann, um zu sagen: Ich war da.
intimacy-art: Den Berg aus Unterwäsche von Bühnenbildner Peter De Blieck interpretiere ich als Berg dieser "Unterschriften", auf dem die letzten Tänzer im Stück die Leichen der anderen zusammentragen. Und alles endet hoffnungslos.
PLATEL: Ja, mit dem Massensterben entkräfteter Menschen. Doch in der Musik bleibt die Hoffnung. Daran glaube ich auch sehr. Selbst wenn auf der Bühne (lacht) nicht mehr viel übrig ist.
CASSOL: Für mich lebt der Berg sehr wohl. Schon weil auf der Bühne naturgemäß alles lebt. Alles lebt: als Symbol.
PLATEL: Nein, ich denke, der Berg ist das Ende und damit der Tod. Nichts gibt´s dahinter. Deshalb soll man ja bestenfalls im Leben spi/rituell leben.
CASSOL: Oh nein, auch dahinter lebt etwas, etwas sehr Geheimnisvolles. Dafür steht auch die Musik: für das Mysterium, warum wir überhaupt auf der Welt sind ...

...und darüber wird noch bis in alle Ewigkeit gestritten werden... Emen.


l: Alain Platel, r: Fabrizio Cassol, (photos © Elfi Oberhuber)

(Interview-Auszug vom 4.+6.6.2007, volle Länge in Print (Deutsch+Englisch) / Audio (Deutsch+Englisch gemischt) über intimacy-art@gmx.at)

Monday, September 17, 2007

Alain Platel zu Susanne Linke & Fabrizio Cassol2: "Glück kennt weder Gesunder noch Behinderter"


Alain Platel (photo © Elfi Oberhuber)


Im zweiten Teil des Gesprächs von ELFI OBERHUBER mit den Tanz- und Musikkünstlern ALAIN PLATEL, FABRIZIO CASSOL und SUSANNE LINKE, geht es um ihre verblüffende Einstellung zum Selbstmord. Ob er - wie das Glücksgefühl - dem Gesunden näher liegt als dem Behinderten, ist zunächst ein Streitfall, löst sich aber in einer Erkenntnis auf... Für Einführung und Teil 1 scroll down!

Kurzprofil ALAIN PLATEL (geb. 9.4.1956 in Gent in Flandern/Belgien, Sternbild Widder) - Im Grenzübertritt von Tanz, Theater, Musik und bildender Kunst gilt der Regisseur, Choreograf und Tänzer neben Wim Vandekeybus und Anne Teresa De Keersmaeker als wichtigster Tanz-Company-Gründer Belgiens. In Wolf (UA Ruhrtriennale 2003) machte er endgültig sein Image als "genialer Motivierer, Angstnehmer und Seelenbefreier" populär, indem bei ihm enthemmte und doch durch Ironie geschützte Darsteller in extreme Gefühle ausbrechen. In Verbindung von "Sozialreportage mit der Albernheit eines Kindergeburtstags" kombiniert er viele Geschichten wie ein Zirkusjongleur, aber stets auf höchst virtuosem Niveau. Die Feinfühligkeit im menschlichen Umgang holte er sich während seiner ersten Ausbildung zum Heilpädagogen, wonach er fünf Jahre schwer behinderte Kinder betreute. Parallel studierte er Ballett und Modern Dance. 1984 gründete Platel mit den Tänzer-Choreografen Koen Augustijnen, Christine de Smedt, (und später) Sidi Larbi Cherkaoui (statt Hans Van den Broeck) das Tanzkollektiv Les Ballets C. de la B., das im Sinne von "die Struktur dient der Kreation und nicht andersrum" den Mitgliedern sämtliche Freiheiten lässt, in jeder erdenklichen Funktion und anderswo zu arbeiten. Internationaler Durchbruch mit Lets op Bach, weitere Welterfolge: V.S.P.R.S. (2006 nach Claudio Monteverdi & im Juni 2007 zu Gast in Wien), Allemaal Indiaan (1999), La Tristeza Complice (1995), Bonjour Madame (1993) und Emma (1988). Etliche Auszeichnungen, darunter der Europäische Theaterpreis 2006 für sein Lebenswerk. Vom 22.-25.7.2008, 20h, war geplant, dass Alain Platel in Kooperation mit ImPulsTanz für das Theater an der Wien eine neue Produktion kreiert, stattdessen kommt aber Kanadierin Marie Chouinard am 22.+24.7.2008, 20h30 mit ihrer weltberühmten Kompagnie mit Orpheus and Eurydice. Hundertprozentig auch gut!

- Kritiken zu den zwei Gast-Aufführungen von Alain Platel in Wien sind auf intimacy: art (www.intimacy-art.com) in REALNEWS / CRITIC / Archive: Juni 2007, Titel: ALAIN PLATEL UND FABRIZIO CASSOL MIT ETHNO-BEHINDERTENWERK "VSPRS", scroll down!, sowie Juli 2007, Titel: ALAIN PLATEL MIT SEINEM RÜHRENDEN LACH-SCHOCKER "NINE FINGER", scroll down!


Selbstmord ist gegenwärtig wie die Einstellung auf den Tod

intimacy-art: Verstehen Sie Menschen, die sich das Leben nehmen?
LINKE: Sehr gut. Ich selbst wollte mir noch nie das Leben nehmen, doch denke ich täglich über den Tod nach.
PLATEL: Selbstmord paßt absolut in meine traurige Denkensart.
intimacy-art (lacht)
PLATEL: Ich meine, ich würde es nie tun. Aber ich stelle mich oft aufs Sterben ein. In stillen Momenten denke ich: "Was wäre, wenn jetzt ..."
intimacy-art: Wann hat das begonnen?
PLATEL: 2003.
intimacy-art: Warum?
PLATEL: Weil ich da eine wundersame Erfahrung mit einem Typen hatte, mit dem ich das Gymnasium besucht und den ich seitdem nicht mehr getroffen hatte. 2003 kam die Nachricht, dass er sterben würde. Vorher wolle er mich noch sehen. Ich probte gerade für Wolf und ärgerte mich, "fuck, warum ausgerechnet jetzt? - Ruf mich nicht an, wenn du stirbst!"
intimacy-art (lacht)
PLATEL: Aber natürlich geht man hin. Und die zehn Minuten in dem Zimmer waren dann ein heiliger Moment. Ich fühlte und sah, dass er wirklich starb. Er hatte Fieber vom Krebs, zitterte und sagte nur: "Ich halte es für nötig, dir mitzuteilen, dass du für mich zwischen 12 und 18 sehr wichtig warst. Ich mochte deine Anwesenheit sehr." - Dabei hatte ich ihn nicht einmal wahrgenommen, geschweige denn, dass ich starke Erinnerungen an ihn hatte. Am nächsten Tag war er tot. - Seitdem stelle ich mich auf den Tod ein.
CASSOL: Ich dagegen frage mich: Was passiert mit der Seele? Wo ist überhaupt meine Seele? - Und für viel härter als Selbstmord halte ich die Vorstellung, dass Gott dir Dinge gibt, er sie aber von einer Sekunde auf die andere wieder zurück nehmen kann. Allein der Gedanke, mein Sohn müßte jetzt sterben, löst entsetzlichen Schrecken in mir aus. Ich wüßte nicht, ob und wie ich das verkraften könnte. Oder würde ich sterben - hätte mein Sohn genug Kraft, um weiter zu leben? Daran denke ich oft. Auch daran, die Inspiration zu verlieren ...
PLATEL: Das ist das Schlimmste, ja.
CASSOL: ... wie ich dann wohl mein Leben neu strukturieren könnte. Daran denke ich jeden Tag.
intimacy-art: Ja, das klingt sehr traurig. (lacht)
CASSOL: Nein.
PLATEL: Das geht über die Traurigkeit hinaus. Zu wagen, in diese Richtung ohne Angst zu denken, ist einfach der Versuch einer Vorstellung deines eigenen Todes, und wie er sein könnte. Darüber nachzudenken, was eine Person ist, die sich umbringt, wo für sie die Herausforderung liegt, wo die Feigheit? Und physisch an einen Körper zu denken, der stirbt, ist sogar fesselnd.


Vom Wissensexperiment zum leichtfertigen Wegwurf des Lebens

CASSOL: Das erinnert mich an eine Clique vor zehn Jahren. Diese sehr jungen Leute dachten naiv, aber intensiv über das Wesen von Leben und Kunst nach, Geld und Geschäft interessierte sie nicht. Einer von ihnen war ein echt starker Typ, fit, in guter körperlicher Kondition, und mit 18 entschied er zu sterben. Er schmückte den Garten mit Rosen, legte sich nieder und von einer Nacht zur anderen, verließ seine Seele den Körper.
intimacy-art: Nahm er Drogen?
CASSOL: Nein, nichts. Nie. Nicht einmal, wenn seine Freunde welche nahmen. Er sagte: ich war auf dieser Welt, um zwei, drei Dinge zu erledigen, das habe ich getan, jetzt gibt es keinen Grund mehr für meinen Körper, weiter zu machen. Das war für alle ein Schock. Dass so ein junger Mensch einfach sein Ende beschließt und ohne klinische Begründung stirbt.
LINKE: Bei so jungen Leuten halte ich Selbstmord für schade. Prinzipiell sollte der Mensch dafür eine geistige Ebene erreicht haben. Wie und warum - das ist dabei die große Frage.
CASSOL: Es war aber kein Selbstmord.
intimacy-art: Aber er wollte doch sterben.
CASSOL: Er bereitete alles vor, auch für seine Eltern ...
intimacy-art: Würden Sie sagen, dieser Junge war reif genug, um seinen Tod zu beschließen?
CASSOL: Nun, die Eltern waren traurig. Die Freunde waren es in dieser Cliquen-Gesinnung nicht. Sie richteten alles für das Begräbnis her, um seiner Seele zu helfen, weiter zu leben. Die Kirche war gesteckt voll...
intimacy-art: Das ist der reinste Werbefeldzug für den Tod...
PLATEL (lacht)
CASSOL: Nun, in diesem Fall ging es auch um Wissen.
intimacy-art: Der Freitod scheint momentan eine Art von dekadenter Mode zu sein. Ich denke, so ein junger Mensch idealisiert die "so genannte" Transformation, er verschenkt sein Leben für ein leichtsinniges Experiment.
CASSOL: Für mich persönlich ist die Mystik der Seelen jedenfalls das größte Phänomen der Welt. Für wirklich gefährlich halte ich nur Leute, die im Internet Selbsmorde organisieren. Das ist wirklich schrecklich und unreflektiert.

l: Alain Platel, r: Fabrizio Cassol, (photo © Elfi Oberhuber)


Gesunde und Behinderte - gleiche Ängste, andere Zufriedenheit

intimacy-art: Sie sagten, manchmal würden Sie gerne geistig behindert, um fröhlicher zu sein. Glauben Sie, dass das für einen Behinderten leichter ist, weil er mit seinem Schwächepunkt genau weiß, wogegen er ankämpfen muss?
PLATEL: Nein, ich habe nie einen Behinderten getroffen, der mit seiner Behinderung glücklich war. Es gibt nur Einzelne, die etwas damit verbinden können und dann zu so etwas wie innerer Balance finden. Unser Geiger Tcha (Limberger) zum Beispiel, sagte auf meine Frage, ob er sich vorstellen könne zu sehen: "Nein, das möchte ich erst gar nicht versuchen." - Er hat also einen Weg gefunden, der ihn unter seinen Umständen glücklich macht, ist aber an sich nicht glücklich darüber, blind zu sein.
LINKE: Die emotionale Empfindung hat mit Bewußtsein und Selbstbild zu tun. Ich konnte bis sechs ja nicht sprechen. Und bis dahin war ich mit meiner Stummheit eigentlich ein sehr glückliches Kind, da ich mich selbst nicht als behindert gesehen hatte. Meine Familie war in christlich-lutherischer Erziehung sehr tolerant und sah, dass ich vieles durch mein Bewegungsgeschick wettmachte. Dann kam ich doch ins Sprechheim, wo ich in eineinhalb Jahren bei intensiver logopädischer Lehre sprechen lernen mußte. Das war für mich sehr mühsam, weil ich aus dieser Welt eigentlich nicht heraus wollte. Wie bei Helen Keller, die auch noch blind und taub war und sich dagegen wehrte, etwas lernen zu müssen. Man baut sich eine Welt auf und will gar nichts Neues kennen lernen. Erst eine sehr starke Autorität schafft es, einen dazu zu zwingen. Und wenn man diese Person nicht akzeptiert, ist es nur ein Kampf. Man ist dann in einem Tunnel. - Deshalb habe ich mir später in der Kunst in Form von schwierigen Stoffen bewußt solche Tunnel gesucht, um Klischees auszuweichen. Ich wollte nicht nur - wie sonst als Frau im Tanz - entweder eine Hexe, Hure oder ein Engel sein. Dieses Bewußtsein kommt also wahrscheinlich aus meiner frühkindlichen Stumm-Zeit.
PLATEL: In der Kinderzeit liegt der Unterschied. Behinderte Kinder haben auch noch Hoffnung. Als Erwachsener weißt du, was irreparabel ist. Das erfährt ein Kind nicht so. Wenn es dann älter wird, besonders in der Teenager-Zeit, beginnen die Probleme. Da gibt es wirklich niemanden, der hier in Balance ist. Eine Begegnung schockierte mich, als ich mit 18 im Behinderten-Institut arbeitete. Ein 16-jähriger Spastiker - im Rollstuhl und schwerst sprechbehindert - fragte mich, ob ich mir vorstellen könne, dass sich ein Mädchen in ihn verliebe und ihn heiraten würde. Ich sagte, "wenn ich du wäre ..." Und er sagte: "Bist du verrückt? Ich kann mir ja auch nicht vorstellen, normal zu sein. Wie kannst du es wagen, dich mit mir zu vergleichen?" - Das hat meine Einstellung verändert. Wenn ich sage, ich würde gerne ein bißchen geistig behindert sein, ist das als Metapher gemeint. Natürlich würde ich das nie sein wollen. Es muss wirklich hart sein, mit einer Behinderung durchs Leben zu gehen.
LINKE: Ich glaube dennoch, dass es wahrscheinlich leichter für einen Behinderten ist, eine Lebensqualität zu finden, weil er durch ein gewisses Leid gegangen ist. Geht alles im Leben nur glatt, weiß derjenige meist nicht, was er daran hat. Der "Geschwächte" hat ein konkretes Ziel und Thema, dessen er sich bewußt ist, was ihm hilft zu empfinden, dass das Geschaffte bzw. Erschaffte ein Geschenk ist.
intimacy-art: Besucht Alain Platel deshalb so gerne psychiatrische Museen - um dankbar zu sein?
PLATEL: Nicht direkt. Es fasziniert mich, dass ich auf der anderen Seite der "Gesunden" nie jemanden getroffen habe, der sich vollkommen perfekt fühlte. Jeder hat auf eine gewisse Weise eine Behinderung, und zwar mehrere. Und so versuche ich, an diese extremen Beispiele heran zu gehen, um die Verbindung zu den Erfahrungen von jedermann herzustellen. Ich hoffe, dass die Leute bei V.S.P.R.S., wofür ich in solchen Stätten recherchierte, nicht an kranke Leute denken, sondern: "Oh, das bin ja ich! - Nur in einer extremen, sehr tiefen Form." Nur deshalb sind die Leute ja berührt, nicht weil sie "Behinderte" (Anm. Red.: Tänzer, die Behinderungen nachahmen) auf der Bühne sehen.




Lesen Sie in Teil 3 bald auf dieser Site: Wie Alain Platel, Fabrizio Cassol und Susanne Linke aus "Häßlichem" schönste Kunst mit Aura machen, und wie sich Religion und echte Persönlichkeiten in Musik und Tanz ausdrücken.

Susanne Linke (photo © Elfi Oberhuber)


(Interview-Auszug vom 4.+6.6.2007, volle Länge in Print (Deutsch+Englisch) / Audio (Deutsch+Englisch gemischt) über intimacy-art@gmx.at)

Monday, July 23, 2007

Susanne Linke zu Alain Platel & Fabrizio Cassol: "Transgression hilft, den Tod zu ertragen", Teil 1


Susanne Linke (photo © Elfi Oberhuber)


Nachdem sich in letzter Zeit die Selbstmorde unter jungen, viel-beauftragten Künstlern häuften, scheint es ELFI OBERHUBER interessant, zwei Menschen, die als Choreografen und Tänzer ganz nah an Körper und Seele dran sind, zu fragen, wie sie über das - gegenwärtig kranke? - Leben und den (Frei-)Tod denken: die im Juli im Wiener Volkstheater zu sehende deutsche Ikone SUSANNE LINKE und der belgische Top-Regiestar ALAIN PLATEL. Einen wichtigen Input gibt überdies der belgische Jazz-Saxophonist und Komponist FABRIZIO CASSOL, der mit Platel anläßlich der internationalen Erfolgsproduktion V.S.P.R.S. (im Juni 2007 am Theater an der Wien) zusammen arbeitet.

Kurzprofil SUSANNE LINKE (geb. 19.6.1944 in Lüneburg/Deutschland, Sternbild Zwillinge) erlangte als Solotänzerin und Choreografin Welt-Bedeutung, da sie das Erbe des deutschen Ausdruckstanzes der Vorkriegszeit und das zeitgenössische deutsche Tanztheater vereint. Zum Tanz kam sie erst mit zwanzig, in Folge einer frühkindlichen Sprachstörung, wonach sie mit sechs Jahren sprechen lernte und den Willen aufbrachte, der realen Welt zuzuhören. 1964 Tanzunterricht im Mary-Wigman-Studio in Berlin. Begegnung mit ihrem Vorbild Dore Hoyer. 1967 Studium an der Folkwang-Hochschule und ab 1970 Tänzerin in Pina Bauschs Folkwang-Tanzstudio, das sie ab 1975 gemeinsam mit Reinhild Hoffmann für zehn Jahre selbst leitet. Seit 1970 choreografiert Linke: ausgezeichnet wurden 1975 Danse funèbre, Puppe? und Trop Trad. Ab 1985 freie Choreografin, u.a. für José Limón Company in New York, die Pariser Oper und das Nederlands Dans Theater, sowie internationale Solokarriere, die mit Schritte verfolgen über ihre fünf Lebensabschnitte "Sensenmann, Kindheit mit Psychiatrie, Tänzer-Träumereien, Adoleszenz und Gustav-Mahler-Finale" beginnt. Dieses Stück erlebt 2007, getanzt neben Linke (als Alterserscheinung) von vier Tänzerinnen, eine Rekonstruktion - zu sehen am 31.7.2007 beim Wiener ImPulsTanz-Festival im Volkstheater, 21h. Anfang der Neunzigerjahre gründet Linke die „Company Susanne Linke" am Hebbel-Theater Berlin, 1994 eine Weitere mit Tanzpartner Urs Dietrich; 2000/01 Mitbegründerin und künstlerische Leiterin des Choreographischen Zentrums Essen.


l: Alain Platel, r: Fabrizio Cassol, (photos © Elfi Oberhuber)


Gibt es einen Sinn des Lebens?

intimacy-art: Was ist der Sinn des Lebens?
SUSANNE LINKE: Es gibt keinen. Der Mensch braucht diese Annahme nur, um sich vorzumachen, einen Sinn finden zu müssen. Ausgehend von der Natur, die sich von den einfachsten molekularen Strukturen verfeinerte, wobei der Geist hinzu kam, der sich nun fragt:"Es muss doch einen Sinn geben?". Objektiv gesehen gibt es aber keinen.
FABRIZIO CASSOL: Der Sinn des Lebens-an-sich ist die eine Sache. Eigentlich geht es aber um deinen persönlichen Sinn. Das wäre für mich - wie bei jedem Musiker - auf der Bühne zu spielen; sowie eine Arbeit zu machen, wo die einzelnen Menschen wichtig sind. In den meisten Jobs ist das ja nicht so. Menschen emotional nahe zu kommen, Ideen, Erfahrungen auszutauschen, ist die sinnstiftende Chance des Künstlers.
intimacy-art: Reflektieren Sie manchmal bewußt darüber?
CASSOL: Ja, und dann fühle ich mich wie gesegnet. Der Segen, Menschen begegnen zu können, bedeutet für mich auch Verantwortung zu tragen, was ich sehr ernst nehme.
ALAIN PLATEL: Dazu stehe ich so ziemlich im Gegensatz.
CASSOL: Das ist bei uns wie beim Berg ...
intimacy-art: Zum Berg kommen wir noch.
PLATEL: Beim Gedanken an den Sinn des Lebens, werde ich zuerst einmal negativ, depressiv, aggressiv. Er macht mich wütend und rebellisch. Ich wil die Tatsache nicht akzeptieren, nur da zu sein, um zu sterben.
LINKE: Da könnte der Buddhismus helfen, als Versuch zu verstehen, was uns umgibt, was vor und nach uns ist. Das hilft nicht nur, Trauer an gestorbenen Freunden zu überwinden, sondern mit dem Tod umgehen zu lernen: ihn als Energie-Fortsetzung und Wandlung zu begreifen. Als Transformation, Transmission.
PLATEL: Bis jetzt vermochte ich es nicht, mir einzureden, dass nach dem Leben etwas Positives passiert. Ich stecke auf dieser Erde fest. - Gerade deshalb halte auch ich es für das Beste, sich gesegnet zu fühlen. Und da ist für mich nur entscheidend: mir unentwegte Neugierde, Überraschbarkeit, Offenheit zu erhalten. Sehe ich ein Bild, stelle ich mir den Maler dazu vor. Sehe ich eine Erfindung, denke ich an den Erfinder. Über alles freue ich mich sehr. Aber nur, weil ich es nähre. Ich versuche auch, mich über Entscheidungen, die ich in meinem Leben getroffen habe, glücklich zu fühlen. Dass sie überhaupt meinen Weg kreuzten, was ja von meinem Psychologie- und Behindertenpädagogik-Studium her unvorstellbar gewesen wäre. Ich würde weder von meinem Wesen, noch von meinem ursprünglichen Beruf her, reisen. Über das Touren entdeckte ich die Welt, eine wichtige Nahrung für meine Neugierde.
CASSOL: Es macht auch schon Sinn, die Mysterien des Lebens zu verstehen. Wobei mein Bewußtsein für die Spriritualität mit Kult und Mystik maßgebend ist. Ich wüßte nicht, wie eine Tasse Tee zu trinken, ohne damit verbunden zu sein. Ich wüßte nicht, wie ohne sie Saxophon zu spielen, wie eine Note zu komponieren.
LINKE: Das meinte ich mit dem Wort "Trans", das auch im Tanz so wichtig ist.
CASSOL: Ja. - Aber im Zusammenhang mit "Buddhismus" als Religion. - Ich halte nur die Rituale von Religionen für in Ordnung. Gerne bete ich mit, ob zum Geburtstag Buddhas in Korea, in den Tempeln mit den Hindus, mit den Katholiken in der Kirche, oder im Dschungel mit den Leuten im Busch. Wenn Menschen aber sagen, sie folgten einer Religion, frage ich mich oft, ob in ihnen wirklich Gott haust?
intimacy-art: Der Glaube dient dann zur sozialen Zugehörigkeit.
CASSOL: Aber egal, was man glaubt, es ist nie sicher, ob es richtig ist. Und doch besteht das ungeschriebene Gesetz, dass der Mensch im Grunde nie im Leben die Religion seiner Geburt wechseln kann, selbst wenn er sie wechselt. Deshalb ist es gut, mit sich selbst diesbezüglich vorsichtig umzugehen. Ich bin wahrscheinlich aber der religiöseste Mensch ...
PLATEL: Ich wünschte, ich wäre mental ein wenig behindert, um richtig glauben zu können.
CASSOL (lacht)
PLATEL: Dann könnte ich mich der Romantik nähern, die all die klassisch-religiösen Formen mit sich bringen. Ihre Bilder sind oft sehr hübsch, sodass ich mich angezogen fühle. Es könnte daher sehr einfach und angenehm sein, so zu glauben. Ich erinnere mich zum Beispiel an meine Großmutter, die an den Himmel glaubte, als Ort nach dem Tod, wo sich alle Leute treffen. Diese Bilder sind wie Märchen, weshalb sie so attraktiv sind. Um mich dem hinzugeben, bin ich wahrscheinlich aber mit zu viel Intelligenz gesegnet. Ich würde mich auch nicht frei genug dabei fühlen.


Zwischen Trauer und Genuß am Leben

intimacy-art: Alain Platel sagte in einem Interview: "Ich liebe, wie ich lebe, und falls ich jetzt sterbe, kann ich zufrieden sein. Ich habe getan, was ich tun wollte, dennoch finde ich, dass das Leben an-sich etwas sehr Trauriges ist. Vielleicht mag ich es deshalb, meine Stücke immer mit dem Tod enden zu lassen, weil er das Ziel des Lebens ist." - Indem Sie nun vorher sagten, dass Sie das nicht akzeptieren, scheinen Sie sich doch gegen die Trauer zu wehren. -Warum ist aber das Leben überhaupt so wahnsinnig traurig?
PLATEL: Weil es wie ein Riesen-Abendessen ist, zu dem du eingeladen bist, wo du all die fantastischen Gerichte siehst, aber nichts davon essen kannst. Oder du weißt, falls du davon ißt, wirst du krank. - Tatsächlich pendle ich aber zwischen einem Doppelgefühl in mir: zwischen der Trauer und dem Genuß in jedem Moment.
intimacy-art: Meinen Sie, die Erwartungen gegenüber begehrten Dingen sind größer, als man sie letztendlich erfährt?
PLATEL: Nein, temporär kann man volle Erfüllung erfahren. Aber als einzige Perspektive für die Zukunft weißt du: Älter zu werden, ist unangenehm. All deine Funktionen, physisch und psychisch, zu verlieren. Ich habe noch niemanden getroffen, der darüber glücklich war. Und es ist fast noch trauriger, sich als Außenstehender oder Sohn damit konfrontieren zu müssen. Mein Vater sagt: "Es gibt absolut nichts Nettes am Älterwerden." Dennoch streben wir alle darauf zu.
intimacy-art: Susanne Linke - Sie zelebrieren in ihrem autobiografischen Tanzstück "Schritte verfolgen II - Rekonstruktion und Weitergabe 2007" jeden Lebenaltersabschnitt als Genuß, Sie müßten dem daher widersprechen können.
LINKE: Ja, dazu stehe ich, obwohl es am Ende zur Begegnung mit dem Tod, dem Sensenmann, kommt, aber als Symbol für die Transformation. Richtig ist, dass das Leben nicht fröhlicher und lebendiger wird, sondern langsamer. Der Körper selbst verwandelt sich immer langsamer. Fast bis zum körperlichen Stillstand. Die Lust am Leben hängt jedoch mit der Energie zusammen. Und da kommt es zum energetischen Wandel. Die körperliche Energie läßt nach, wogegen die geistige Energie zunimmt. Und der Geist kann den Körper betrixen, weil er ihn ja inzwischen kennt: er kann ihn überlisten, wenn jetzt plötzlich das Kreuz schmerzt oder die Knie versagen. Die Bewegung entfernt sich somit von der jugendlichen Oberflächlichkeit und wird bestenfalls transzendental: als Einheit von Körper, Seele und Geist. Was im Tanz darzustellen ja viel schwieriger ist als die unterhaltende Akrobatik. Letztendlich ist es also der Geist, der am interessantesten ist - für mich war er das eigentlich schon immer.



Der Schrecken des Alterns in der westlichen Welt


PLATEL: Mit Glück, klappt das mit dem Geist, ja. Ich kenne aber Leute, die auch diese Funktionen verlieren. Sie werden langsamer, sie sehen nicht gut, sie hören schlecht, sie können nicht folgen, wenn Leute schnell sprechen. All das sagt dir klar und deutlich: "Entschuldigung, aber du nützt niemandem und nichts mehr." Kürzlich zeigte mir das selbst ein Typ aus Portugal, indem er mir ein e-mail mit Interviewfragen schickte: "Glauben Sie nicht nach zwanzig Jahren als Choreograf, dass es an der Zeit wäre, der jüngeren Generation Platz zu überlassen?" Ich fragte ihn: "Was bieten Sie mir stattdessen für Vorschläge? Fragen Sie mich, damit ich aufhöre, weil ich zu lange im Umlauf bin? Oder ist Ihr Vorschlag, dass das, was ich mache, keinen Wert mehr hat?" - Er war sehr geschockt über meine Antworten.
intimacy-art: Dabei wollte er wahrscheinlich nur ein kritisches Interview provozieren, weil das höchste Ziel im Journalismus die Kritik ist. - Da muss ein Antwort-Gebender auswägen können, ob es sich bei einer Frage gerade um Wahrheitsfindung oder Spiel handelt. - Da Sie mit ihrer Kunst so originell und zeitgemäß sind, würde ich das nicht allzu ernst nehmen.
PLATEL: Oh, doch. Ich nehme es ernst. Weil er nicht die einzige Person ist, die so fragt. Damit wirst du durchgehend geplagt. Tatsächlich bist du nur interessant, wenn du dein erstes "gutes" Stück machst. Danach ist es der reinste Kampf. Ich gebe jedem den Tipp, der in diesem Bereich arbeitet: "Gewinne keine Preise!"
intimacy-art (lacht)
PLATEL: Zu meiner Schwester, die Schauspielerin ist, sagte ich daher auch, nachdem sie einen Preis gewonnen hatte: Honey, jetzt wird´s hart ... Das ist also die Tendenz. Und ich nehme es ernst, weil ich diesen Typ auch mit dieser Art des Denkens konfrontieren wollte. Zum Einen, weil mich diese Gedanken bis zu einem bestimmten Grad tatsächlich selbst beschäftigen, zum Anderen, weil das zu hören grausam ist, und ich es als Effekt zurück werfen wollte. Um ihn zu zwingen, über seinen Vorgehensweise nachzudenken. Weil es im Grunde berührt, wie wir in unserer Gesellschaft alte Leute behandeln. Wie wir unsere Eltern, wie wir alte Leute über die Straße gehen sehen. Es wäre wichtig, diese Sicht zu ändern. Das glaube ich wirklich.
CASSOL: Die Musik ist eine der Ausnahmen, wo das nicht so ist. In der Musik ...
PLATEL: ... kannst du alt werden.
CASSOL: Ja. Du kannst mit achtzig noch immer spielen, wenn du willst. Bis zu deinem letzten Tag. Ich dachte gerade gestern beim Spazieren daran, als ich mit meinem Sohn über seine momentanen Band-Vorlieben sprach: er hört Bands wie die Red Hot Chili Peppers, die ich schon mit 18 hörte. Diese Musiker sind nicht jünger als ich, aber mein dreizehnjähriger Sohn verliert ihnen gegenüber die Bedeutung von Zeit. - Der Rest des Lebens ist aber nicht so. Diesbezüglich ist vor allem die westliche Welt grausam. In anderen Weltteilen sind Würde des Alters, Gefühl für ältere Leute, oder auch Mitleid, ausgeprägter.


Alain Platel, Fabrizio Cassol, (photos © Elfi Oberhuber)


Lesen Sie in Teil 2 schon bald auf dieser Site: Wie Alain Platel, Fabrizio Cassol und Susanne Linke über Selbstmord denken, und inwiefern Behinderte diesbezüglich un/glücklicher sind.


(Interview-Auszug vom 4.+6.6.2007, volle Länge in Print (Deutsch+Englisch) / Audio (Deutsch+Englisch gemischt) über intimacy-art@gmx.at)

Thursday, April 05, 2007

Jon Regen 2: "Ich wünsche mir eine Frau für Zuhause, aber sie darf mich nicht ändern wollen"


(photos © Elfi Oberhuber)


Nachdem der New Yorker Blues-Jazzer JON REGEN für einen kurzen Toncheck vor dem Konzert im Wiener Birdland seine neuen Titel Let It Go (auf gleichnamiger im April erschienener CD) und It´s All Right By Me gespielt hat, geht es weiter mit dem letzten Gesprächsteil mit ELFI OBERHUBER. Für Einführung und Teil1 scroll down.

JON REGEN SPIELTE IM OKTOBER 2007 SEINE NEUEN SONGS IM BIRDLAND!!! - Die Kritik dazu, sowie zur neuen CD Let It Go steht auf intimacy: art in CRITIC
.
Und: Er kommt wieder am 15.5.2008 ins WIENER BIRDLAND, UM 20h, wo sie sich vom Gehalt der Kritik überzeugen können!!!
Und: Am 17.5.2008 wird JON REGEN´s Trio ab 20h live am Wiener Rathaus beim Life-Ball zu sehen sein. Das Event wird im ORF und per 3-Sat übers Fernsehen übertragen!



Symbiose von freier und "angewandter" Kunst als zu erreichendes Ziel

Fortsetzungstext (Deutsch-Annäherung zu) -
Jon Regens Song
What Am I Supposed To Do From Here/
Was soll ich von hier aus tun?
(in CD: Almost Home, 2004)
Für den Liedanfang scroll down zum
Gespräch mit Jon Regen 1


intimacy-art (nachdem Jon Regen am Klavier gespielt und gesungen hat): Jetzt wird mir klar, was Sie in Frauen erwecken, nachdem sie Sie beim Spielen gehört haben. (lacht)
REGEN: Ein Segen Gottes. (lacht)
intimacy-art: Sie sind der Sohn eines Werbers und einer Grafik- Fotokünstlerin.- Sie müssen also den Konflikt zwischen kommerzieller / angewandter Kunst und freier Kunst von klein auf mit bekommen haben.
REGEN: Natürlich. Meine Eltern waren komplett gegensätzlich. Mein Vater war ein Schreiber fürs Geld und textete die Slogans sehr bekannter Kampagnen wie von Panasonic. Meine Mutter war so weit wie nur möglich davon entfernt und studierte auf der ganzen Welt. Sie stellte ihre sehr künstlerischen Fotos aus und machte politische Protest-Kunst. Sie kämpft ein wenig mit der Vorstellung, dass ich als Entertainer immer erfolgreicher werden könnte. Sie mag keine "angewandte" Kunst.
intimacy-art: Sie ist also die einschlägige Jazzerin.
REGEN: Ja, sie war mit mir als reiner Jazzpianist glücklicher. Und meine Schwester ist Rechtsanwältin.
intimacy-art: Sie ist also ganz von der Kunst entfernt.
REGEN: Sie spielte Flöte als Kind und war sehr musikalisch. Ich war der "Angstfreie" der Familie. Obwohl es für mich sehr lange ein harter Kampf war, diesen Traum erfüllt zu bekommen. Und es ist noch immer nicht leicht, das weiter zu bringen. Aber es wird besser und besser. Ich habe viel Glück.
intimacy-art: Haben sich diese frei-angewandt-Kunst-Unterschiede für Sie selbst entschärft? Denn es ist ja Ihr Wunsch, (mit "Let It Go") populärer zu sein, was Sie auch als künstlerisch befriedigend empfinden.
REGEN: Wir arbeiten noch immer darauf zu, wie ich speziell den Song Let It Go mögen werde. Das ist ein schwieriger Punkt, wo alles zusammen gemischt wird. Und bestimmte Unsicherheiten, wie die Leute darauf reagieren, hat man immer, wenn man etwas herausbringt. Selbst wenn mich die ganze CD prinzipiell sehr freut.

Zuerst kommt der Glaube an sich selbst

intimacy-art: Was ist jetzt die höchste Leistung für Sie als Künstler: Etwas zu produzieren, das vielen Leuten gefallen kann? Mit Stars der Szene zu arbeiten? Oder sich selbst auf ehrliche Weise auszudrücken?
REGEN: Muß ich eines davon auswählen?!
intimacy-art: Oder muß alles zusammen treffen?
REGEN: Es geht prinzipiell um Auswahlmöglichkeiten, wobei meine Musik von mehr Leuten gehört werden soll, und ich mit den Stars von heute arbeiten will, weil sie mich in neue Welten bringen und mich herausfordern können. Am wichtigsten ist mir aber, weiterhin an das, was ich mache, glauben zu können. Und hoffentlich kommt dabei die Ehrlichkeit dieser Musik heraus, die dann der Grund sein wird, warum sich die Leute angezogen fühlen. Almost Home machte ich um sehr wenig Geld, ganz allein, an einem Tag. Leute aus der ganzen Welt sagen mir: "Diese CD bedeutet mir etwas." Ein Riesenkompliment. So soll es mir mit allen CDs gehen. Sänger John Mellencamp sagte einmal: "Ein guter Song ist es dann, wenn die Leute dabei sagen, sie hören nicht dich, sondern sich." Das bedeutet, an universellen Sachen zu rühren. Das will ich. - Wahrscheinlich habe ich somit tatsächlich die Gegensätze meiner Eltern ausbalanciert und beide Seiten in mir vereint.
intimacy-art: Sind Ihre Eltern noch zusammen?
REGEN: Nein, nicht im geringsten.
intimacy-art (lacht): Ich hätte mir jetzt gewünscht, der Gegensatz wäre so interessant für beide gewesen, dass es halten konnte.
REGEN: Nein, "sie" haben es nicht geschafft.
intimacy-art: Und Ihre Ehefrau war eine Opernsängerin.
REGEN: Eine französische Opernsängerin, ja.
intimacy-art: Sie haben sie aber nicht kennen gelernt, als Kyle Eastwood seine Frau in Paris traf, deren Ehe auch....
REGEN: ... vorbei ist. Ich kenne Kyle Eastwoods Frau sehr gut. Ich tourte mit ihm, als sie verheiratet waren. Meine Frau lernte ich aber nicht, als ich mit Kyle tourte, kennen, sondern als ich dort spielte.
intimacy-art: Sie sagten, dass Sie es nicht wirklich lieben zu touren - ...
REGEN: Oh, ich liebe es, zu touren.

Durch Widersprüche zum freien, aber traurig-sensiblen Texter

intimacy-art: In "Only My Credit Card Remembers Where I´ve Been" sagen Sie aber das Gegenteil.
REGEN: Das ist ein Komik-Song darüber, wie du manchmal sprichwörtlich nicht weißt, wo du bist. Doch ich liebe es zu touren. Wenn du gerne Tennis spielst, gibt es auch die Seite daran, wo du am nächsten Tag müde bist. Was mich jung hält, ist, dass ich liebe, was ich mache. Gestern in Rom, heute in Wien, morgen bin ich wieder in Italien - das ist aufregend.
intimacy-art: Aber das ist das Berührende an Ihren Songs, wenn sie wirklich ein wenig traurig werden. Dann denkt man sich, "der ist auch so allein wie ich". Und jetzt sagen Sie das Gegenteil.
REGEN: Vielleicht erkläre ich es nicht gut: Es gibt große Höhen und große Tiefen beim Touren. Billy Joel sagte einmal: "Ich spiele für 50.000 Leute pro Nacht, und nach dem Konzert nehme ich ein Taxi ins Hotel und bin allein: mit mir." Das sind wirklich die Highs und die Lows. Ich bin sehr aufgedreht, wenn ich spiele, und dann bin ich allein im Zug und vermisse meine Freunde, meine Freundin. Im Grunde geht es da um das Managen der verschiedenen Seiten deines Lebens. Ich kenne niemanden, der alles an irgendetwas liebt.
intimacy-art: Hätten Sie dennoch gern ein bißchen mehr Rast-Zeiten?
REGEN: Nein. Es gibt genug Rast. Ich hatte ein paar Tage frei und haßte es.
intimacy-art: Werden Sie da traurig?
REGEN: Ich werde tieftraurig, wenn ich alleine bin, ja. Ich war gerade zwei Wochen alleine auf Tour, Italien solo, nur ich und das Piano, und das ist eine echte Gemütswanderung, die ganze Zeit allein zu sein, an so schönen Orten. Damit komme ich sehr schlecht zurecht. Ich stehe in Rom am Vatikan, sehe all die schönen Sachen und wünschte, es wäre jemand neben mir, mit dem ich darüber reden könnte. Für mich bedeutet etwas mehr, wenn ich es mit jemandem genießen kann.
intimacy-art: O.k., gut.
REGEN: Ich versuche, Ihre Fragen zu beantworten.
intimacy-art: Sie fühlen sich also frei, selbst wenn Sie viel reisen.
REGEN: Ja, sehr. Sehr frei.

Mit allen Frauen Sex haben zu müssen, wäre hart

intimacy-art: Glauben Sie, dass alle Ihre Fans Ihre Musik verstehen und Sie dafür lieben? All die Mädchen, die ich auf "My Space" sah und sich für Sex mit Ihnen anbieten, indem sie Ihnen freizügige Fotos schicken?
REGEN: Mit all diesen Frauen Sex haben zu müssen, wäre hart.
intimacy-art: Kennen Sie die alle?
REGEN: Ich habe keine Ahnung, was das für Leute sind. Aber My Space ist interessant, weil mich dort Leute finden, die dann zu meinen Konzerten kommen.
intimacy-art: Glauben Sie, dass Sie mehr Leute wegen Ihrer Musik lieben oder weil Sie ein Star-Musiker innerhalb der Jazzszene sind bzw. dazu werden?
REGEN: Es gibt immer Leute, die sich für dich interessieren, weil sie meinen, du wärst etwas, das du nicht bist. Ich spiele mit Leuten wie Kyle Eastwood und Jonathan Sanborn, Söhnen von berühmten Leuten. In diesem Umfeld gibt es viele Leute, die dich treffen wollen, weil sie glauben, du seist berühmt. Glücklicherweise bin ich nicht wirklich berühmt und mögen mich die Leute meistens wegen meiner Musik. Aber wenn mich schöne Frauen treffen wollen, ist das immer gut ...
intimacy-art: Sie müssen die aber nicht alle haben.
REGEN: Nein. Naja, drei oder vier.
intimacy-art: Aber nicht parallel.
REGEN: Ja, ja, parallel. Vielleicht parallel.
intimacy-art: Dann darf ich den intimen Liebestexten also nicht glauben, wenn Sie davon singen, eine spezielle Frau zu lieben.
REGEN: Also ich ...
intimacy-art: Können Sie wirklich so tief lieben, wie wir es aus den Texten annehmen würden?
REGEN: Ich liebe wirklich sehr tief. Sehr tief.
intimacy-art: Für längere Zeit?
REGEN: Ich versuche es. Ich versuche es.
intimacy-art (lacht)

In den Projektionen der Frauen liegt das Problem der Liebe

REGEN: Ich meine, Liebe ist sehr kompliziert. Aber vom Herzen her, glaube ich, ist es die größte Sache, sich vorzustellen, dass du mit jemandem durchs Leben gehen könntest.
intimacy-art: Mir kommt irgendwie vor, dass das bei Ihnen nicht zutrifft, denn Sie möchten so viel. Sie sind so in Eile und lieben es auch.
REGEN: In Eile nach was, nach Frauen?
intimacy-art: Nicht nur. Sie wollen ja auch so viele verschiedene Musikrichtungen ausprobieren. Vielleicht sind Sie insgesamt einfach auf dem Weg.
REGEN: Ich sehe es so wie in meinem Song What Am I Supposed To Do From Here: die Leute sagen dir, sie lieben dich wegen deiner selbst, aber meistens lieben sie dich für das, wie sie dich zu werden wünschen. Ich war vor Jahren mit einer Frau zusammen, die sehr frustriert darüber war, wie ich mein Leben bestreite. Sie meinte immer, sie hoffe, ich würde das ab einem bestimmten Alter beenden. Was ich zu tun liebe und mein ganzes Leben wollte, ist zu touren, nachdem mich jemand fragt, "willst du nach Wien kommen, wir bezahlen dich dafür, dass du spielst". Das ist der Konflikt mit einer Frau zuhause, die dich bei sich haben will. Und es ist auch verständlich. Aber wie soll man das schaffen? Ich weiß es nicht.
intimacy-art: Es gibt schon Musiker, deren Frauen Monate lang zuhause warten.
REGEN: Jemand in Italien sagte gerade zu mir: "Eine Freundin ist wie ein Piano. Du hast eines zuhause, aber es gibt eines in jedem Club."
intimacy-art: Ich hoffe, Ihre Fans verzeihen Ihnen das.
REGEN: Das habe ja nicht ich gesagt.
intimacy-art: Es ist also ein Witz.
REGEN: Um ehrlich zu sein: ich führe ein sehr langweiliges Leben. Besonders wenn ich auf Tour singe, bin ich nicht mehr der große Party-Tiger. Ich schlafe, um meine Stimme zu schonen. Und wie ich echt fühle, das sagen meine Lieder. Denn wenn ich schreibe, bin ich viel mehr in mir selbst. Als Songwriter sprichst du mit deinen Liedern, während du versuchst, das Leben, die Liebe auszumachen. Da gibt es viele neue Songs auf meiner CD über Liebe und Niederlagen, und den Versuch, den Weg da durch zu finden.










Zum Anhören der drei Tracks Let It Go, Something To Hold und Close To Me (Featuring Andy Summers) aus Jon Regens neuer CD Let It Go,
gemischt von John Porter, gehen Sie bitte zu: http://www.myspace.com/jonregen






(Interview-Auszug vom 03.02.2007, volle Länge in Print (Deutsch+Englisch) / Audio (Englisch) über intimacy-art@gmx.at)

Tuesday, March 13, 2007

Jon Regen 1: "Ich will alles frei entscheiden können und immer besser werden"


Jon Regen (photos © Elfi Oberhuber)


Was ist künstlerische Freiheit für einen Jazzer wie JON REGEN? Schließt sie das Bedürfnis nach privater Freiheit mit ein? - Oder läßt sich beides gar mit "Popularität" vereinen? - Eine Diskussion mit ELFI OBERHUBER, die unter gegenwärtigen kulturpolitischen Bedingungen auch für Österreich hoffnungsvoll ist, auch wenn das Problem weder privat, noch musikalisch leicht für den Musikkünstler in Harmonie zu bringen ist.

Kurzprofil JON REGEN (geb. am 8.5.1970 in New Jersey / USA, Sternbild Stier) gilt momentan als "die" Entdeckung New Yorks. Der Pianist, Komponist und Sänger wird „Billy Joel des Souls“ genannt, wobei er das Jazzklavier in überdurchschnittlichem Maß beherrscht. Nach purer Jazz-CD Tel Aviv 2001, zweijähriger Tour mit dem legendären Jazzsänger Jimmy Scott und zuvor Bassist Kyle Eastwood, gründete er sein eigenes Trio mit Drummer Eric Addeo sowie Bassgrandiosum Jonathan Sanborn, Sohn des Saxers David Sanborn. Mit der Stimme eines Schwarzen, berührend-poetischen Texten in rhythmischen Songs sowie pianistischem Können beeindruckt Regen nicht nur Frauen. In der 2004 erschienenen CD Almost Home definiert er die Schnittstelle von Blues, Jazz und Song neu. Im April 2007 erscheint seine neue CD Let It Go, wo er mit den Kapazundern der Szene, Brad Albetta als Produzent, Ex-The Police-Gitarrist Andy Summers, Sängerin Martha Wainwright und Kami Thompson, Schlagzeuger Matt Johnson, Cellistin Julia Kent und Gitarrist Jimmy Vivino zusammen arbeitet. - Wieder ein gänzlich neuer Auftritt, indem er eine weitere Facette seiner Selbst realisiert.

- In welcher Verbindung Jon Regen zu Jazz-Bandleader Kyle Eastwood und dem Underground- Club- Jazz- Genre steht, erfährt man über intimacy: art (www.intimacy-art.com) in REALNEWS / WATCHER (bzw. TIPPS) / Archives: March. Titel: TANZEN AB 30: BEI PEE WEE ELLIS, PRINCE, KYLE EASTWOOD & JON REGEN

- Die Kritik zu Jon Regens Almost Home-Konzert ist zu finden in: intimacy: art (www.intimacy-art.com) in REALNEWS / CRITIC / Archives: February. Titel: MUSIK: ENTDECKUNG JON REGEN AUF "ALMOST HOME"-TOUR IN WIEN



Private u
nd künstlerische Freiheit als Gegensatz

Text (Deutsch-Annäherung zu) - Jon Regens Song
What Am I Supposed To Do From Here/
Was soll ich von hier aus tun?
(in CD: Almost Home, 2004)


intimacy-art: Was ist für Sie "Freiheit"?
JON REGEN: Die Möglichkeit, den eigenen Kurs zu wählen, eigene Entscheidungen zu treffen. Ob nun in der Musik oder im Leben.
intimacy-art: Brauchen Sie diese Freiheit auch privat, um sich wohl zu fühlen?
REGEN: Ich habe zumindest das Bedürfnis, die Grenzen in mir zu erforschen und sie gegebenenfalls niederzureißen. Außerdem möchte ich nirgends hinein geboxt werden. Weder musikalisch, noch in einen Job, von dem die Gesellschaft meint, er entspräche einer normalen Existenz. Musiker geworden, bin ich nur wegen der Musik. Da die Freiheit vor allem dem Jazz innewohnt, muß sie als Lebensstil nun mal mit erforscht werden.
intimacy-art: Mein Eindruck war aufgrund Ihrer Musiktexte in "Almost Home", dass Sie eher eine Schutzzone brauchen. Also eigentlich das Gegenteil von privater Freiheit.
REGEN: Diese Lieder schrieb ich während einer Zeit, als ich mit dem Jazzsänger Jimmy Scott tourte. Ich wollte einerseits das erste Mal lieber zuhause sein, weil ich gerade eine Beziehung eingegangen war, andererseits war ich glücklich darüber, meine Träume des Jazzreisens endlich als bewahrheitet zu erleben. Das war sehr hart.
intimacy-art: Wollen Sie privat genauso frei sein wie als Künstler?- Viele Männer wollen ja intim frei sein, indem sie jede Nähe meiden.
REGEN: Meinen Sie sexuelle oder romantische Freiheit?
intimacy-art: In jeder Hinsicht. Diese Männer haben Sex, aber es ist ein kalter Sex.
REGEN: Nein, nach so einer Freiheit sehne ich mich nicht wirklich. Ich glaube, wir suchen alle nach einer Heimat, nach jemandem, mit dem wir das Leben durchlaufen wollen. Das halte ich für eine schöne Sache.
intimacy-art: Aber in den Momenten, als Sie diese Lieder schrieben, wirken Sie verloren und verlassen. War das so?
REGEN: Diese CD schöpft aus einer sehr herausfordernden Beziehung, wobei einige Songs aus dieser Art von Rollenspiel heraus geschrieben wurden. Aus meiner Vorstellung zu fragen: "Was wäre, wenn diese Beziehung perfekt wäre, sodass ich nach hause kommen wollte?" Tatsächlich war sie sehr schwierig. Der autobiografischste Song ist wohl, What Am I Supposed To Do From Here, den ich an diese Person als Liebesbrief geschrieben habe, der sagt: "Ich weiß nicht, wie ich sein soll, damit ich bin, wie du willst, dass ich bin." Das haben Sie also treffend wahrgenommen. Es ist ein autobiografisch-poetisches Album, worin ich zwischen zwei Orten pendle und um eine Lösung ringe.
intimacy-art: Es ist sicher Ihre persönlichste CD.

Von der Persönlichkeit zur Popularität

REGEN: Gleichzeitig hat sie etwas Leichtes und Frisches, als erste CD mit Liedern, Text und Gesang von mir. Die neue CD wird viel - dunkler nicht, aber - tiefer, indem sie ausforscht, was passiert, wenn alles auseinander fällt, und man sich von dort aus weiter zu bewegen versucht. Lieder-Schreiben ist also eine Reise. Und den Ort, wo ich jetzt bin, empfinde ich als sehr, sehr befriedigend. Weil ich mich dem nähere, wo ich meine eigene Geschichte erzähle.
intimacy-art: Mir kommt das nicht ganz so vor. - Das wollen wir aber aufrollen. - Wie muss das Umfeld sein, dass Sie sich künstlerisch frei fühlen?
REGEN: Ich bin sehr darauf konzentriert, zu entscheiden, was ich spielen will. Selbst im jetzigen Punkt meiner Karriere, wo mich dauernd Leute bitten, bestimmte Lieder und Stile zu spielen.
intimacy-art: Ich habe das Gefühl, Sie wollen in Ihrer neuen CD populärer sein.
REGEN: In negativem Sinne?
intimacy-art: Ohne es zu bewerten. - Wären Sie gerne populärer?
REGEN: Es sollen zumindest mehr Leute meine Musik hören. Im Sinn von Geld und Ruhm möchte ich nicht populärer sein. Als Künstler willst du möglichst viele Menschen berühren. Du machst die Musik nicht für die Familie, deine vier Wände.
intimacy-art: Für mich halten Sie in der Jazz-CD "Tel Aviv" das hohe Niveau in der Musik, also im Klavierspiel, wie in "Almost Home" im persönlichen Touch, insbesondere durch Text und Gesang. "Let It Go" scheint mit Produzent Brad Albetta und The-Police-Gitarrist Andy Summers Popularmusik mit Underground-Flair zu werden, wo sich das Niveau auf mehrere Leute aufteilt.
REGEN: Wir haben alle viele Seiten in uns. Brad Albetta steckte mich jetzt mit der Idee an, meine Lieder und meine Stimme so zu rahmen, dass sie wirklich die CD ausmachen. Und da ich mir dachte, nicht alles selber machen zu können, ich zudem Lust auf Neues hatte, war das für mich ein sehr interessanter Prozeß. Außerdem ist Andy Summers ein Freund von mir, mit dem ich immer spielen wollte. "The Police" war immer schon meine Lieblingsband.
intimacy-art: Sie haben aber eine andere Stimme als Sting. Sie könnten sogar Rock singen. Sie haben eine herbe, männliche Färbung.
REGEN: Hoffentlich. Aber wissen Sie, im Vergleich zu anderen Jazzmusikern, bin ich nicht darin gefangen, die Vergangenheit wieder zu erwecken, indem ich immerzu dieselbe CD "wiederhole". Ich mache lauter verschiedene CDs. Das sollte das Prinzip sein.

Jazz mit der Sensibilität des Pops

intimacy-art: Aber bei "Almost Home" denkt man auch an Billy Joel, vielleicht gemixt mit Jamie Cullum. - Mögen Sie Billy Joel?
REGEN: Ich liebe ihn. - Als amerikanischer Pianist wächst du mit bestimmten Leuten auf, die deine Helden sind. Ich bin ein Kind der 80-er. Mich beschäftigten Billy Joel und Bruce Hornsby, Leute, die wirklich einen eigenen Klang am Piano haben. Ich selbst versuchte immer schon, auch "Jazz" mit der Sensibilität eines Pop-Musikers zu spielen. In der Popmusik hast Du nur ein paar Minuten, um jemanden zu berühren. Beim Jazz spielen die Musiker zwanzig Minuten und sind noch immer nur selbst gefangen. Das stört mich. Ich gehe davon aus, dass die Leute irgendwo hin getragen werden wollen. Die Musik bedeutet für sie so viel wie für mich als Spieler.
intimacy-art: Wahrscheinlich gehen Sie den umgekehrten Weg als Leute wie ich, die zuerst Pop mochten und heute Jazz und Klassik bevorzugen.
REGEN: Ich wuchs mit Liedern auf, dann studierte ich das Piano, wo ich mich zum Jazz hingezogen fühlte. Und fand zurück zu den Liedern. Denn für mich ist ein guter Song zeitlos. Wie Jazz-Standards, sodass die Leute noch My Funny Valentine hören wollen. Das Lied hat ein Leben für sich selbst. Ich wollte ein paar solche Lieder schreiben. Mir geht es um die Melodie, die Message, die Berührung von jemandem, der nicht unbedingt ein Jazz-Freak sein muß, sondern sagt: "Ich weiß nicht, was ich mag; ich weiß nicht, wie ich es nennen soll; aber ich mag, was du machst."
intimacy-art: Vielleicht geht es Ihnen wie mir im Journalismus: Ich möchte in eine Ebene gelangen, wo ich eine bestimmte, intellektuelle Qualität halte, also nicht nur ein Standard-Interview mache, aber gleichzeitig mehr Leute erreiche, als die elitäre Kultur-Gemeinschaft.
REGEN: Sagen wir so: Ich möchte auf höchstem künstlerischem Niveau arbeiten, und gerade deshalb soll die Musik viele Leute anziehen. Ich bin kein Popmusiker, obwohl ich Popmusik liebe. Ich selbst möchte nur immer besser schreiben und spielen. Und jedes Lied und jede CD muß sich vom Vorigen unterscheiden. Auf Let It Go ist einiges jazziger, einiges popiger, einiges sehr produziert und einiges sehr nackt: nur mit mir und dem Piano.

Wie Persönliches persönlich kommt

intimacy-art: Wird der Text wieder persönlich?
REGEN: Noch persönlicher.
intimacy-art: Ich habe zwar nur den Text von "Come Close To Me" gehört, mir aber gedacht, diese Erotikbeschreibung kommt mir vom Pop her bekannt vor.
REGEN: Welches Gefühl wurde denn nicht schon vorher in der Popmusik geäußert?
intimacy-art: Den Text in "Almost Home" finde ich poetischer. Der Neue ist direkter, geht aber Hand in Hand mit dem popigeren Sound.
REGEN: Sie sollten genauer hin hören: Dieser Song wurde sehr spät in der Nacht geschrieben. Es war eine Liebesbekundung an jemanden. Tatsächlich schrieb ich ihn nach einer Periode, wo ich sehr lange Zeit allein gewesen war. Dann kam diese Person, die mich wirklich aufgeweckt hat. Und es geht nicht nur um sexuelle Energie. Da gibt es diese Zeile ...
intimacy-art: ... "Fühlst du, wie nah wir uns heute Nacht sind? Du bist so tief in mir. Ich möchte deinen Atem spüren und habe tausend mal davon geträumt." - Das hat sich jeder schon einmal gedacht.
REGEN: Es ist ein universelles Gefühl.
intimacy-art: Ja, es ist auch nett, dass Sie es sagen. Aber ich habe es nicht so geglaubt, wie die Texte in "Almost Home". Ich hab´s irgendwie konstruiert empfunden. Aber vielleicht irre ich mich.
REGEN: Sie müssen es hören, wenn es heraus kommt.
intimacy-art: Ja. - Sie wurden also nicht populärer, weil sie jetzt verheiratet sind und eine Familie gründen wollen?
REGEN: Nun, ich bin nicht verheiratet. Ich war verheiratet.
intimacy-art: Ah, das ist schon wieder vorbei?!
REGEN: Das dauerte nur sehr kurze Zeit. - Wie war die Frage?
intimacy-art: Werden Sie populärer, um eine Familie gründen und ein sicheres Leben führen zu können?
REGEN: Dass ich deshalb weniger populär sein will?
intimacy-art: Ich dachte: Sie wollen mehr Geld verdienen, um Ihre Familie ernähren zu können.
REGEN: Nein, ich treffe nie Musik-Entscheidungen wegen des Geldes.
intimacy-art: Aber wir wissen doch, dass Jazz-Musiker oft nicht mal genug Geld zum Essen haben.
REGEN (lacht)
intimacy-art: Vielleicht waren Sie ja nie in der Situation ...
REGEN: Haben Sie das Gefühl, dass ich meine Musik wegen des Geldes mache?
intimacy-art: Nein. Aber es sind Lieder, die "gefallen".
REGEN: Nun, Sie haben da ein Lied gehört, das das Poplastigste auf dem Album ist. Die neue CD enthält viele verschiedene Gefühle. Als Songwriter sage ich: Ein Song muß bedient werden. Wenn ein Song eher populär ist, werde ich ihn nicht in ein extra-künstlerisches Setting setzen, nur damit die Leute nicht sagen: "Ah, du mußtest populärer werden!" Und dass ich Andy Summers auf der CD habe, war eine gänzlich künstlerische Entscheidung. Ich ließ ihn machen, was er wollte und sagte: "Spiel, was du hörst und was du fühlst." Ich treffe keine Musikentscheidungen, die auf Geld beruhen. Hoffentlich machst du aber Geld mit der Musik, die du zu machen liebst.

Da dieses Gespräch vor Regens Konzert stattfindet, muß der Singer-Songwriter kurz für einen Toncheck unterbrechen. So tun auch wir das an dieser Stelle.

Im letzten Teil 2 bald auf dieser Site: Wie Jon Regen im Elternhaus den Unterschied zwischen freier und angewandter Kunst mit bekam und welche zwiespältigen Gefühle tatsächlich hinter seinen Liedern stecken.
(Interview-Auszug vom 03.02.2007, volle Länge in Print (Deutsch+Englisch) / Audio (Englisch) über intimacy-art@gmx.at)