Thursday, April 05, 2007

Jon Regen 2: "Ich wünsche mir eine Frau für Zuhause, aber sie darf mich nicht ändern wollen"


(photos © Elfi Oberhuber)


Nachdem der New Yorker Blues-Jazzer JON REGEN für einen kurzen Toncheck vor dem Konzert im Wiener Birdland seine neuen Titel Let It Go (auf gleichnamiger im April erschienener CD) und It´s All Right By Me gespielt hat, geht es weiter mit dem letzten Gesprächsteil mit ELFI OBERHUBER. Für Einführung und Teil1 scroll down.

JON REGEN SPIELTE IM OKTOBER 2007 SEINE NEUEN SONGS IM BIRDLAND!!! - Die Kritik dazu, sowie zur neuen CD Let It Go steht auf intimacy: art in CRITIC
.
Und: Er kommt wieder am 15.5.2008 ins WIENER BIRDLAND, UM 20h, wo sie sich vom Gehalt der Kritik überzeugen können!!!
Und: Am 17.5.2008 wird JON REGEN´s Trio ab 20h live am Wiener Rathaus beim Life-Ball zu sehen sein. Das Event wird im ORF und per 3-Sat übers Fernsehen übertragen!



Symbiose von freier und "angewandter" Kunst als zu erreichendes Ziel

Fortsetzungstext (Deutsch-Annäherung zu) -
Jon Regens Song
What Am I Supposed To Do From Here/
Was soll ich von hier aus tun?
(in CD: Almost Home, 2004)
Für den Liedanfang scroll down zum
Gespräch mit Jon Regen 1


intimacy-art (nachdem Jon Regen am Klavier gespielt und gesungen hat): Jetzt wird mir klar, was Sie in Frauen erwecken, nachdem sie Sie beim Spielen gehört haben. (lacht)
REGEN: Ein Segen Gottes. (lacht)
intimacy-art: Sie sind der Sohn eines Werbers und einer Grafik- Fotokünstlerin.- Sie müssen also den Konflikt zwischen kommerzieller / angewandter Kunst und freier Kunst von klein auf mit bekommen haben.
REGEN: Natürlich. Meine Eltern waren komplett gegensätzlich. Mein Vater war ein Schreiber fürs Geld und textete die Slogans sehr bekannter Kampagnen wie von Panasonic. Meine Mutter war so weit wie nur möglich davon entfernt und studierte auf der ganzen Welt. Sie stellte ihre sehr künstlerischen Fotos aus und machte politische Protest-Kunst. Sie kämpft ein wenig mit der Vorstellung, dass ich als Entertainer immer erfolgreicher werden könnte. Sie mag keine "angewandte" Kunst.
intimacy-art: Sie ist also die einschlägige Jazzerin.
REGEN: Ja, sie war mit mir als reiner Jazzpianist glücklicher. Und meine Schwester ist Rechtsanwältin.
intimacy-art: Sie ist also ganz von der Kunst entfernt.
REGEN: Sie spielte Flöte als Kind und war sehr musikalisch. Ich war der "Angstfreie" der Familie. Obwohl es für mich sehr lange ein harter Kampf war, diesen Traum erfüllt zu bekommen. Und es ist noch immer nicht leicht, das weiter zu bringen. Aber es wird besser und besser. Ich habe viel Glück.
intimacy-art: Haben sich diese frei-angewandt-Kunst-Unterschiede für Sie selbst entschärft? Denn es ist ja Ihr Wunsch, (mit "Let It Go") populärer zu sein, was Sie auch als künstlerisch befriedigend empfinden.
REGEN: Wir arbeiten noch immer darauf zu, wie ich speziell den Song Let It Go mögen werde. Das ist ein schwieriger Punkt, wo alles zusammen gemischt wird. Und bestimmte Unsicherheiten, wie die Leute darauf reagieren, hat man immer, wenn man etwas herausbringt. Selbst wenn mich die ganze CD prinzipiell sehr freut.

Zuerst kommt der Glaube an sich selbst

intimacy-art: Was ist jetzt die höchste Leistung für Sie als Künstler: Etwas zu produzieren, das vielen Leuten gefallen kann? Mit Stars der Szene zu arbeiten? Oder sich selbst auf ehrliche Weise auszudrücken?
REGEN: Muß ich eines davon auswählen?!
intimacy-art: Oder muß alles zusammen treffen?
REGEN: Es geht prinzipiell um Auswahlmöglichkeiten, wobei meine Musik von mehr Leuten gehört werden soll, und ich mit den Stars von heute arbeiten will, weil sie mich in neue Welten bringen und mich herausfordern können. Am wichtigsten ist mir aber, weiterhin an das, was ich mache, glauben zu können. Und hoffentlich kommt dabei die Ehrlichkeit dieser Musik heraus, die dann der Grund sein wird, warum sich die Leute angezogen fühlen. Almost Home machte ich um sehr wenig Geld, ganz allein, an einem Tag. Leute aus der ganzen Welt sagen mir: "Diese CD bedeutet mir etwas." Ein Riesenkompliment. So soll es mir mit allen CDs gehen. Sänger John Mellencamp sagte einmal: "Ein guter Song ist es dann, wenn die Leute dabei sagen, sie hören nicht dich, sondern sich." Das bedeutet, an universellen Sachen zu rühren. Das will ich. - Wahrscheinlich habe ich somit tatsächlich die Gegensätze meiner Eltern ausbalanciert und beide Seiten in mir vereint.
intimacy-art: Sind Ihre Eltern noch zusammen?
REGEN: Nein, nicht im geringsten.
intimacy-art (lacht): Ich hätte mir jetzt gewünscht, der Gegensatz wäre so interessant für beide gewesen, dass es halten konnte.
REGEN: Nein, "sie" haben es nicht geschafft.
intimacy-art: Und Ihre Ehefrau war eine Opernsängerin.
REGEN: Eine französische Opernsängerin, ja.
intimacy-art: Sie haben sie aber nicht kennen gelernt, als Kyle Eastwood seine Frau in Paris traf, deren Ehe auch....
REGEN: ... vorbei ist. Ich kenne Kyle Eastwoods Frau sehr gut. Ich tourte mit ihm, als sie verheiratet waren. Meine Frau lernte ich aber nicht, als ich mit Kyle tourte, kennen, sondern als ich dort spielte.
intimacy-art: Sie sagten, dass Sie es nicht wirklich lieben zu touren - ...
REGEN: Oh, ich liebe es, zu touren.

Durch Widersprüche zum freien, aber traurig-sensiblen Texter

intimacy-art: In "Only My Credit Card Remembers Where I´ve Been" sagen Sie aber das Gegenteil.
REGEN: Das ist ein Komik-Song darüber, wie du manchmal sprichwörtlich nicht weißt, wo du bist. Doch ich liebe es zu touren. Wenn du gerne Tennis spielst, gibt es auch die Seite daran, wo du am nächsten Tag müde bist. Was mich jung hält, ist, dass ich liebe, was ich mache. Gestern in Rom, heute in Wien, morgen bin ich wieder in Italien - das ist aufregend.
intimacy-art: Aber das ist das Berührende an Ihren Songs, wenn sie wirklich ein wenig traurig werden. Dann denkt man sich, "der ist auch so allein wie ich". Und jetzt sagen Sie das Gegenteil.
REGEN: Vielleicht erkläre ich es nicht gut: Es gibt große Höhen und große Tiefen beim Touren. Billy Joel sagte einmal: "Ich spiele für 50.000 Leute pro Nacht, und nach dem Konzert nehme ich ein Taxi ins Hotel und bin allein: mit mir." Das sind wirklich die Highs und die Lows. Ich bin sehr aufgedreht, wenn ich spiele, und dann bin ich allein im Zug und vermisse meine Freunde, meine Freundin. Im Grunde geht es da um das Managen der verschiedenen Seiten deines Lebens. Ich kenne niemanden, der alles an irgendetwas liebt.
intimacy-art: Hätten Sie dennoch gern ein bißchen mehr Rast-Zeiten?
REGEN: Nein. Es gibt genug Rast. Ich hatte ein paar Tage frei und haßte es.
intimacy-art: Werden Sie da traurig?
REGEN: Ich werde tieftraurig, wenn ich alleine bin, ja. Ich war gerade zwei Wochen alleine auf Tour, Italien solo, nur ich und das Piano, und das ist eine echte Gemütswanderung, die ganze Zeit allein zu sein, an so schönen Orten. Damit komme ich sehr schlecht zurecht. Ich stehe in Rom am Vatikan, sehe all die schönen Sachen und wünschte, es wäre jemand neben mir, mit dem ich darüber reden könnte. Für mich bedeutet etwas mehr, wenn ich es mit jemandem genießen kann.
intimacy-art: O.k., gut.
REGEN: Ich versuche, Ihre Fragen zu beantworten.
intimacy-art: Sie fühlen sich also frei, selbst wenn Sie viel reisen.
REGEN: Ja, sehr. Sehr frei.

Mit allen Frauen Sex haben zu müssen, wäre hart

intimacy-art: Glauben Sie, dass alle Ihre Fans Ihre Musik verstehen und Sie dafür lieben? All die Mädchen, die ich auf "My Space" sah und sich für Sex mit Ihnen anbieten, indem sie Ihnen freizügige Fotos schicken?
REGEN: Mit all diesen Frauen Sex haben zu müssen, wäre hart.
intimacy-art: Kennen Sie die alle?
REGEN: Ich habe keine Ahnung, was das für Leute sind. Aber My Space ist interessant, weil mich dort Leute finden, die dann zu meinen Konzerten kommen.
intimacy-art: Glauben Sie, dass Sie mehr Leute wegen Ihrer Musik lieben oder weil Sie ein Star-Musiker innerhalb der Jazzszene sind bzw. dazu werden?
REGEN: Es gibt immer Leute, die sich für dich interessieren, weil sie meinen, du wärst etwas, das du nicht bist. Ich spiele mit Leuten wie Kyle Eastwood und Jonathan Sanborn, Söhnen von berühmten Leuten. In diesem Umfeld gibt es viele Leute, die dich treffen wollen, weil sie glauben, du seist berühmt. Glücklicherweise bin ich nicht wirklich berühmt und mögen mich die Leute meistens wegen meiner Musik. Aber wenn mich schöne Frauen treffen wollen, ist das immer gut ...
intimacy-art: Sie müssen die aber nicht alle haben.
REGEN: Nein. Naja, drei oder vier.
intimacy-art: Aber nicht parallel.
REGEN: Ja, ja, parallel. Vielleicht parallel.
intimacy-art: Dann darf ich den intimen Liebestexten also nicht glauben, wenn Sie davon singen, eine spezielle Frau zu lieben.
REGEN: Also ich ...
intimacy-art: Können Sie wirklich so tief lieben, wie wir es aus den Texten annehmen würden?
REGEN: Ich liebe wirklich sehr tief. Sehr tief.
intimacy-art: Für längere Zeit?
REGEN: Ich versuche es. Ich versuche es.
intimacy-art (lacht)

In den Projektionen der Frauen liegt das Problem der Liebe

REGEN: Ich meine, Liebe ist sehr kompliziert. Aber vom Herzen her, glaube ich, ist es die größte Sache, sich vorzustellen, dass du mit jemandem durchs Leben gehen könntest.
intimacy-art: Mir kommt irgendwie vor, dass das bei Ihnen nicht zutrifft, denn Sie möchten so viel. Sie sind so in Eile und lieben es auch.
REGEN: In Eile nach was, nach Frauen?
intimacy-art: Nicht nur. Sie wollen ja auch so viele verschiedene Musikrichtungen ausprobieren. Vielleicht sind Sie insgesamt einfach auf dem Weg.
REGEN: Ich sehe es so wie in meinem Song What Am I Supposed To Do From Here: die Leute sagen dir, sie lieben dich wegen deiner selbst, aber meistens lieben sie dich für das, wie sie dich zu werden wünschen. Ich war vor Jahren mit einer Frau zusammen, die sehr frustriert darüber war, wie ich mein Leben bestreite. Sie meinte immer, sie hoffe, ich würde das ab einem bestimmten Alter beenden. Was ich zu tun liebe und mein ganzes Leben wollte, ist zu touren, nachdem mich jemand fragt, "willst du nach Wien kommen, wir bezahlen dich dafür, dass du spielst". Das ist der Konflikt mit einer Frau zuhause, die dich bei sich haben will. Und es ist auch verständlich. Aber wie soll man das schaffen? Ich weiß es nicht.
intimacy-art: Es gibt schon Musiker, deren Frauen Monate lang zuhause warten.
REGEN: Jemand in Italien sagte gerade zu mir: "Eine Freundin ist wie ein Piano. Du hast eines zuhause, aber es gibt eines in jedem Club."
intimacy-art: Ich hoffe, Ihre Fans verzeihen Ihnen das.
REGEN: Das habe ja nicht ich gesagt.
intimacy-art: Es ist also ein Witz.
REGEN: Um ehrlich zu sein: ich führe ein sehr langweiliges Leben. Besonders wenn ich auf Tour singe, bin ich nicht mehr der große Party-Tiger. Ich schlafe, um meine Stimme zu schonen. Und wie ich echt fühle, das sagen meine Lieder. Denn wenn ich schreibe, bin ich viel mehr in mir selbst. Als Songwriter sprichst du mit deinen Liedern, während du versuchst, das Leben, die Liebe auszumachen. Da gibt es viele neue Songs auf meiner CD über Liebe und Niederlagen, und den Versuch, den Weg da durch zu finden.










Zum Anhören der drei Tracks Let It Go, Something To Hold und Close To Me (Featuring Andy Summers) aus Jon Regens neuer CD Let It Go,
gemischt von John Porter, gehen Sie bitte zu: http://www.myspace.com/jonregen






(Interview-Auszug vom 03.02.2007, volle Länge in Print (Deutsch+Englisch) / Audio (Englisch) über intimacy-art@gmx.at)